Die Benachrichtigung
Über Ptydepe und Beamte im Kompetenzwirrwarr

von Václav Havel


Theater zum Bergfest der M2002 in Kooperation mit dem TheaterLeiterTheater

Da ist etwas, das es bisher beim Bergfest noch nicht gab. Und weil wir heute alle so fortschrittlich, dynamisch und immer kurz angebunden sind, sagt man dazu ganz einfach „neu“. Erstmalig wird beim Bergfest ein Theaterstück aufgeführt. Lachen mit Hintersinn ist versprochen und zwar in drei Vorstellungen mit dem Schauspiel „Die Benachrichtigung“ des Tschechen Václav Havel.


Kauderwelsch in Briefform – das Stück

„Ra ko hutu ely trebomu emusche, vdegar yd, stro renu er gryk kendy…“ Das klingt verdächtig nach dem, was man mitunter im Prüfungsamt oder im Immatrikulationsamt oder im Bafögamt oder halt in irgendeinem der Ämter und Sekretariate an der TU zu hören und zu lesen bekommt – und nicht nur dort. Könnte sein, ist es aber nicht. „Das ist nämlich Ptydepe!“, sagt Chefsekretärin Hanna dem kopfschmerzgebeutelten Direktor Pepi Gross und erzählt ihm damit etwas, was er noch gar nicht wusste: Dass im Amt eine neue synthetische Amtssprache eingeführt wurde. Und zwar von seinem Stellvertreter, dem Balas. Hinterrücks. Sogar eine Übersetzungszentrale für Ptydepetexte hat er einrichten lassen und die Buchhaltung dafür in den Keller verlegt, wo nun die Buchhalterinnen bei Kerzenlicht rechnen und buchen und tippen und schlechte Augen bekommen.

Weil nun aber Hanna, die sonst so hervorragend im Bäckerladen mit den neuesten Infos aus dem Amt versorgt wird, auch nicht weiß, was ra-ko-hutu-trebomu-undsoweiter bedeuten soll, macht sich Gross auf die Suche nach einem Übersetzer für seinen Brief. Bizarrerweise findet sich kein Weg, die Nachricht in eine verständliche Sprache zu bringen. Weder beim Lehrer Perina, der seinen Schülern beibringt, dass das äußerst wichtige Wort „Hurra“ in Ptydepe frnygko jefr dabux altep dy savarub goz terexes heißt. Noch in der Übersetzungszentrale bei Morat, Kunz und Helene, weil Gross noch keine Genehmigung für Übersetzungen vorweisen kann. Selbst die Sekretärin Marie darf es nicht, bevor sie nicht ihren Abschluss im Ptydepe-Seminar gemacht hat, dabei würde sie Pepi liebend gern diesen Dienst erweisen. Als nun Gross dieses Treiben als „Teufelskreis“ bezeichnet, wird er kurzerhand entlassen.

Aber, er ist ja nicht der einzige, der Nachrichten in Ptydepe erhält. Auch Ex-Stellvertreter-nun-Direktor Balas wird von einem Brief überrascht. Schließlich ist ein Teufelskreis nur dann einer, wenn man nicht aus ihm ausbrechen kann – oder will.


Mit beißendem Humor – der Autor

Als das Schauspiel „Die Benachrichtigung“ 1965 in Prag uraufgeführt wurde, stand sein Autor Václav Havel noch als einfacher Mensch und Bürger auf der anderen Seite der Ämter. Mit dem Stück beschreibt er, wie er selbst sagt, ein „allgemeines Gleichnis, das etwas über den Menschen und die Gesellschaft überhaupt sagen will.“ Sein Engagement für Menschlichkeit und Freiheit hat ihm dann mehrere Jahre Gefängnishaft eingebracht, fast fünf um genau zu sein. Später, nachdem er von den Tschechen und Slowaken 1989 nach der „sanften Revolution“ praktisch auf den Präsidentschaftsposten getragen wurde, stand er auf der anderen Seite. Einige nahmen es ihm übel, dass er mit einem Elektroroller im Radschin, dem Regierungspalast in Prag, herumgefahren ist, aber er war trotz dessen bis 1992 Präsident der Tschechoslowakei und 1993-2003 Präsident der Tschechischen Republik. Mit beißendem Humor holt Havel in seinen Theaterstücken immer wieder den Unterschied von totaler Verwissenschaftlichung und gesellschaftspolitischer Planung einerseits und menschlicher Verwahrlosung andererseits ins Licht.


Spaß im Teufelskreis – die Gruppe

Bereits seit Oktober letzten Jahres ist eine – nunmehr – 16-köpfige Truppe beim Proben dieses Bergfest-Highlights und nimmt vor allem den kabarettistischen Charakter des Stückes in Augenschein. 13 Rollen waren zu besetzen, ein Bühnenbild zu bauen, Requisiten zusammenzutragen, zu organisieren, zu schwitzen, zu zweifeln, zu lachen und Spaß zu haben, um schließlich mit Lampenfieber zur Premiere am 13. Juni vor das Publikum zu treten. Ein süchtig machender Teufelskreis namens Theater.


Besetzung:
Josef Gross:Otto Bahmann
Johann Balas:Tim Münstermann
Kubsch, Schuba:Antje Storbeck
Hanna:Monique Hanisch
Perina:Andreas Dommaschk
Kalous:Viktoria Nikiforova
Stenek Morat:Klaus Bönisch
Jan Kunz:Martin Rek
Helene:Carolin Liedtke
Marie:Claudia Pigors
Jirka:Andreas Vogel
1. Hausmeister:Manuel Grocholl
2. Hausmeister:Dirk Michel
Regie:Andreas Fiedler
Bühnenbild:Klaus Waschke
Herstellung:Otto Bahmann, Martin Rek, Dirk Michel, Klaus Waschke, Peter Schwarz
Organisation:Andreas Vogel, Andreas Fiedler
Assistenz:Steffi Hels
Technik:Peter Schwarz
Maske:Claudia Pigors, Mathias Ziermann
Soufflage:Steffi Hels
Gestaltung:Teresa Beck

Premiere:
13. Juni 2005